Versorgungssicherheit und Politik – im Konflikt?

Dritte nationale MDR & IVDR-Konferenz von Swiss Medtech

 

Die Schweizer Medizintechnik-Branche arbeitet mit Hochdruck daran, die Anforderungen der MDR fristgerecht zu erfüllen. Es zeichnet sich indessen immer deutlicher ein Versorgungsengpass ab. Ein Nadelöhr sind die Prüfstellen (Notified Bodies, NB). Erst eine von heute über 50 Prüfstellen hat den strengen Bewertungsprozess durchlaufen und darf Zertifikate gemäss MDR ausstellen. Für Barbara Züst, Geschäftsführerin der Schweizerischen Stiftung SPO für Patientenschutz, steht fest «Die nationale Versorgung der Schweizer Bevölkerung mit Medizinprodukten darf nicht geschwächt werden – auch nicht temporär». Beat Vonlanthen, Präsident von Swiss Medtech, fordert, jetzt praktikable Notfallmassnahmen festzulegen und die Industrie miteinzubeziehen.

Mit dem anstehenden Brexit könnte sich die Situation zuspitzen. «Rund vierzig Prozent der Medizinprodukte, die der EU-Raum umfasst, werden heute durch einen UK-NB zertifiziert. Nach dem Brexit sind nicht mehr alle Zertifikate gültig, es sei denn, die national zuständigen Behörden greifen korrigierend ein. Wenn nicht, verschärft sich die Versorgungsproblematik», ist Beat Egli von Zimmer Biomet, Vizepräsident von Swiss Medtech, besorgt. Dazu Beat Vonlanthen «Die Patientenversorgung ist ein übergeordnetes Interesse. Politik darf nicht auf dem Buckel von Kranken ausgetragen werden». 

Im aktuellen politischen Umfeld ist es nicht sicher, dass das Abkommen über die gegenseitige Anerkennung der Verfahren für die Marktfähigkeit von Produkten (Mutual Recognition Agreement, MRA) zwischen der Schweiz und der EU aktualisiert wird. Das ist jedoch eine Voraussetzung für den Erhalt des heutigen barrierefreien Warenverkehrs. «Rechtsunsicherheit schadet den Unternehmen. Wir sind gezwungen, jetzt in unsere Geschäftsüberlegungen miteinzubeziehen, dass wir temporär oder langfristig die Anforderungen eines Drittstaates erfüllen müssen, um Medizinprodukte gemäss MDR in Europa in Verkehr bringen zu können», erläutert Roman Iselin von Johnson & Johnson. Im Kontext der Rechtsunsicherheit regt Beat Vonlanthen zur Sicherstellung der nationalen Gesundheitsversorgung an, offen darüber zu diskutieren, ob es sich die Schweiz auf Dauer leisten kann, ausschliesslich auf den Handel mit CE gekennzeichneten Produkten zu setzen.

Am Willen der Branche, die MDR fristgerecht für die Bereitstellung von Medizinprodukten umzusetzen, fehlt es nicht. Auch am heutigen Grossanlass engagierten sich über 500 Vertreterinnen und Vertreter in thematischen Workshops zu Modelllösungen im Zusammenhang mit dem anspruchsvollen EU-Regelwerk. 

 

Swiss Medtech vertritt als Branchenverband der Schweizer Medizintechnik über 750 Mitglieder. Mit 67’500 Beschäftigten und einem Beitrag von 11,5 Prozent zur positiven Handelsbilanz der Schweiz ist die Medizintechnik eine volkswirtschaftlich bedeutende Branche. Swiss Medtech tritt ein für ein Umfeld, in welchem die Medizintechnik Spitzenleistungen zugunsten einer erstklassigen medizinischen Versorgung erbringen kann.

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